daumenkino
Daumenkinographie
Volker Gerling

21. April 2023

Liebe Freundinnen und Freunde der Daumenkinographie,

"Eigentlich ist der Gehende nicht im Raum, sondern in der Zeit zu Hause. Er ist sein eigener Stundenmeister, er badet in der Zeit, als wäre er in seinem Element. Er ist ein Mann der Gelegenheiten par excellence, Zeitkünstler, der vorübergeht, Flaneur der Umstände, der sich mit Fundstücken am Wegesrand versorgt", schreibt David Le Breton in seinem Essay Lob des Gehens.

Dieses Jahr jährt sich meine Wanderschaft zum zwanzigsten Mal. Aus diesem Grund erfülle ich mir einen langjährigen Traum und werde - um es mit den Worten von Le Breton zu sagen - zu meinem bisher längsten Bad in der Zeit aufbrechen: Anfang Mai werde ich in Groß Dölln aufbrechen und über Brandenburg (in Brandenburg), Dessau, Halle/Saale, Weimar, Erfurt, Aschaffenburg, Mannheim, Kaiserslautern, Saarbrücken, Straßburg, Freiburg, Basel und Zürich ins Große Walsertal (Vorarlberg/Österreich) laufen und auf einer östlicheren Route wieder zurück nach Hause. Neben vielen anderen Aspekten ist es das Zurücklaufen, das neu für mich sein wird und mir wichtig erscheint, auch oder gerade weil ich mir vorstelle, dass die Rückreise ab einem gewissen Punkt sehr anstrengend werden wird. Gegen Mitte November erwarte ich, wieder zu Hause einzutreffen.

Beim Walserherbst, einem interdisziplinären Festival, bei dem ich bereits 2012 zu Gast war, werde ich am südlichsten Punkt meiner Reise einen Auftritt mit meinem Bühnenprogramm haben. Der genaue Termin des Auftritts steht noch nicht fest, er wird in jedem Fall gegen Ende des Festivals um den 8. oder 9. September herum stattfinden. Sollten Sie in der Nähe sein und die Gelegenheit nutzen wollen, das Große Walsertal bzw. das Festival (sehr lohnenswert!) kennenzulernen, dann fühlen Sie sich bitte sehr herzlich eingeladen.

Neben dem Wunsch, neue Daumenkinos zu fotografieren (einige der ProtagonistInnen meiner ersten Wanderschaft werde ich erneut treffen und nochmals fotografieren) und dem Wunsch, mich "mit Fundstücken am Wegesrand zu versorgen", interessiere ich mich für die Frage, in welchem Land ich unterwegs sein werde. Wenn ich an meine erste Wanderschaft von 2003 zurückdenke und mir vergegenwärtige, welche Themen uns heute beschäftigen, dann habe ich rückblickend das Gefühl, damals durch ein anderes Land gelaufen zu sein. Ich werde ausführlich Tagebuch führen und verspüre den Wunsch, ein Buch über die diesjährige Wanderschaft zu schreiben.

Ich wurde verschiedentlich gefragt, ob es eine Möglichkeit gibt, meine Reise mitzuverfolgen. Nach langem Ringen habe ich mich entschlossen, einen für mich großen Schritt zu tun (ob das eine gute und richtige Entscheidung ist, wird sich herausstellen) und auf Instagram von meiner Wanderschaft berichten. Hier findet man mich virtuell (oder in persona zwischen Mai und November irgendwo auf der Straße, beim Daumenkino-Zeigen oder Rasten im Wald).

Ich wünsche uns allen einen schönen und erlebnisreichen Frühling, Sommer und Herbst und freue mich wie immer auf ein Wiedersehen oder Kennenlernen!

Volker Gerling
 

P.S.

Es betrübt mich sehr, dass keine Ausstellung, kein Kunstwerk und kein Bühnenabend das Leid der Menschen in der Ukraine und in anderen Krisenregionen (das ist hier ein viel zu kleines Wort!) zu verhindern vermag. Ein Krieg, wie er (nicht nur) in der Ukraine stattfindet, relativiert das eigene Tun brutal und zeigt, was für ein unglaublicher Luxus es ist, sich über viele Jahre hinweg dem inneren Kompass folgend mit dem Medium Daumenkino auseinandersetzen zu können.

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